Lankwitz Horns auf Schwabenfahrt

Lankwitz Horns auf der Bastion Kirchheim, 2018. Foto: Glaubke mit Rothes Kamera

Auf den Kindheitsspuren unseres Chefdirigenten Rolf Tischer haben sich die Lankwitz Horns zur Konzertreise nach Schwaben aufgemacht. Ein umjubeltes Gastspiel auf der legendären „Bastion“ zu Kirchheim unter Teck, wo sich regelmäßig Jazz-Größen, Liedermacher, Poetry-Slammer und Kabarettisten einfinden, war nur einer der Höhepunkte dieser fantastischen Fahrt auf die Schwäbische Alb. Ein ausführlicher Reisebericht:

Von Heinrich Immel

Donnerstag 28. Juni

Das E-Bike im Busgepäckkeller war rätselhaft. Hans Seemann, Eigner und Fahrer des Setra S 516 HD, nutzt es zum Sport und Sightseeing, wenn seine Passagiere nicht gefahren werden wollen.

Ausführliches Frühstück an der Autobahn. Foto: Rothe

Ausführliches Frühstück an der Autobahn. Foto: Rothe

Die Fahrten mit ihm, gleich ob lange gerade Autobahnstrecken oder Serpentinen hinauf auf die Alb, waren ein butterweicher Genuss. In Staus stand er nicht, sondern umfuhr sie elegant. Die gesetzlich vorgeschriebene erste – fünfundvierzigminütige – Pause ermöglichte den Erwerb zahlreicher Sanifairgutscheine und den Aufbau des üppigen Frühstücksbuffets, zu dem viele beigetragen hatten. Der alte Grundsatz „Kein Bier vor vier“ ließ sich nicht beherzigen, und auch der Wein floss fröhlich. Hundert Meter vor dem Ziel, dem Hotel Garni Rößle in Dettingen unter Teck, war nach neun Stunden Fahrt die zweite Pause fällig. Die Horns wanderten mit ihren Rollkoffern zum Einchecken. Eine halbe Stunde später kamen die Instrumente mit dem Bus nach. Der leichte Regen auf dem Weg zum Essen im Gasthof Rößle trübte die Stimmung nicht. Auf das Angebot, dort auch am Samstag zu essen, wurde später allerdings verzichtet.

Freitag 29. Juni

Vom Freilichtmuseum Beuren am Rand der Alb blieb als nachhaltigster Eindruck (der „allgemein-historischen“ Führung) die Erkenntnis, dass der das Wasser nicht haltende karstige Grund der Alb und die Verseuchung des von den Dächern abfließenden, mit bedrohlichen Keimen verseuchten „Vogelpipiwassers“ Ursache für die Mosttradition der Region ist: Der vergorene Apfel-Birnen-Saft ist keimfrei und darum auch gefahrlos für die Kinder, deren Leber, wie die Führerin sehr trocken feststellte, ja nur maximal vierzig Jahre zu halten brauchte.

Beim Mittagsbrunch im Sulzburghof Unterlenningen schien endgültig die Sonne. Nach der Theorie über den Most folgte die Praxis. Die Torten waren bombastisch. Die Zwiefalter Klosterbräu-Biere etablierten sich als sehr genießbar. Spätestens jetzt hatte niemand mehr einen Zweifel daran, dass die Schwabenreise ein großer Erfolg würde.

Nur dass auf das gute Essen gleich eine mehrstündige Probe im Oberlenninger Gemeindehaus folgen musste, war beschwerlich. Da hätten manche gern ausgiebig geruht. Und die eine oder andere Blechi-Lippe hätte das abendliche Konzert auch gar nicht mehr so dringend gebraucht.

Bläser-Bastion: Lankwitz Horns. Foto: Johannes Stortz

Bläser-Bastion: Lankwitz Horns. Foto: Johannes Stortz

Die Frage, ob zu diesem so viele Zuhörende kommen würden, wie Horns auf der Bühne standen, beantwortete sich zögernd, aber am Ende ein bisschen überwältigend; da saßen im Abendsonnenschein mehr als zweihundert Menschen auf den Bierbänken und den rahmenden Mauern der Kirchheimer „Bastion“. Der klassische Hornssound fand optimale akustische Bedingungen. Die Ausleuchtung war für die Zuschauenden hervorragend, während sich die Horns mit Hüten, Schirmmützen und Sonnenbrillen tarnten und ungeduldig den heranwandernden Schatten der Pappel erwarteten. Die Ehrenamtlichen des 1968 gegründeten „Clubs Bastion“ hatten das Konzert toll vorbereitet (überall in der Stadt traf man auf die Plakate mit den zu beneidenswerter Schlankheit gestauchten Horns) und waren wunderbare und großzügige Gastgeber. Zu den in zwei Hüten und einer Box eingesammelten Spenden (Dank an Alex und Frank!) gaben sie noch das Flaschenpfand der verkauften Getränke. Alles zusammen: 694,60 €. Ein Höhepunkt in der Konzert-Geschichte der Horns (ca. 320 m ü.d.M.).

Beim Versuch, noch etwas zu essen zu finden, wurde es – nach 21.00 Uhr! – ein bisschen schwierig. Da gab es dann noch in der Hotellobby eine fröhliche Resteverwertung des Busbuffets.

Samstag 30. Juni

Sendungsbewusst: Stadtführer und Landtagsabgeordneter Kenner. Foto: Glaubke

Sendungsbewusst: Stadtführer und Landtagsabgeordneter Kenner. Foto: Glaubke

Die „Stadtführung Kirchheim/Teck mit MdL Andreas Kenner“ am Vormittag solle ganz lustig sein, hatte Rolf vorab erklärt, um Befürchtungen wegen lustlos irgendwelche Jahreszahlen und Adelsnamen murmelnder Langweiler gar nicht aufkommen zu lassen. „Anne“ war ein von offenkundig tiefer kämpferischer Heimatliebe erfüllter Kenner seiner Stadt und ihrer libertären Traditionen. Mit scharfen Spitzen gegen alles Muffige und Kleingeistige und lustvoller Schilderung schockierender Ereignisse und Vorkommnisse. Zwar: „Wenn man die Wahl zwischen einer guten Geschichte und nüchternen Fakten hat, muss man die gute Geschichte erzählen“ – aber das auch kenntlich machen. Wenn dann die Fakten zu sehr nach guter Geschichte klangen, versicherte er „Desch kannsch guhgeln!“ (Die DVD-Aufnahme einer Führung sorgte auf der Heimfahrt im Bus noch einmal für viel Gelächter.)

Die Straßen-, genauer: Burghofmusik auf dem Hohenneuffen am Mittag litt am Mangel „untenrum“; kein großes Drumset, kein E-Bass. Das machten auch Bernds ansehnliche und durchaus hörenswerte artistische Soli auf allen möglichen erreichbaren Gegenständen nicht ganz wett. Die vor und nach unserem Auftritt stattfindenden Hochzeiten sprengten den Zeitplan. Aber das Bier war wieder sehr gut.

Höhlenhorns: Besichtigung der Schertelshöhle. Foto: Glaubke

Höhlenhorns: Besichtigung der Schertelshöhle. Foto: Glaubke

Der Besuch der Schertelshöhle ergänzte die Schilderungen im Beurener Freiluftmuseum über das im Karst verschwindende Wasser von unten: Man sah es von oben kommen und stand in dem Hohlraum, den es aus dem Kalk ausschwemmte. Langsam wuchs die Vorfreude auf ein nettes Abendessen.

Das fanden die meisten im Brauhaus hinter dem Alten Vogthof, das wider Erwarten nicht geschlossen war. Das dort gebraute Bier…

Sonntag 1. Juli

Die Lankwitz Horns als Marching Band im Kirchgarten Oberlenningen. Foto: Glaubke

Die Lankwitz Horns als Marching Band im Kirchgarten Oberlenningen. Foto: Glaubke

Um 8.30 Uhr aufzubrechen war schon eine Herausforderung. Aber es lohnte sich. Der Oberlenninger Gottesdienst im Garten an der in ihren Grundmauern vielleicht tausend Jahre alten Martinskirche war mit der Taufe, der Verabschiedung der langjährigen Pfarramtssekretärin und der Einführung ihrer Nachfolgerin rund und fröhlich. Die zahlreicher als erwartet erschienene Gottesdienst-Gemeinde war engagiert dabei und klatschte gern. Und sie war bei der anschließenden „Matinée“ ein wunderbares und begeistertes Publikum. Die Horns hatten ihren Spaß.

Das Mittagessen vom Buffet war hervorragend für jeden Geschmack. Und das Zwiefalter Bier…

Sehr pünktlich kurz nach halb drei fuhr der Bus ab. Herr Seemann hatte am Vorabend einen ortsansässigen Busfahrer gefunden, der die Fahrt Sonntagfrüh von Dettingen nach Oberlenningen übernahm. Erst mit dem Start nach Berlin begann die Fahrzeit. Gegen22.00 Uhr stand der Bus wieder vor dem Rathaus Lankwitz.

Rolf Tischer. Foto: Rothe

Rolf Tischer. Foto: Rothe

Auch einem mehr oder weniger launigen Bericht entzieht sich der Spirit einer solchen Reise. Er war einfach großartig. Selbst das Wetter spielte mit und strafte die diversen Vorhersagen der unterschiedlichen Wetter-Apps souverän Lügen. Es ist aber nicht sicher, dass nicht auch das der akribischen und phantasievollen Vorbereitung der Reise durch Rolf zu verdanken ist.

Danke, Rolf!